Räumung und Befreiung

Als die US-amerikanischen Truppen 1945 immer näher in die Region um Landsberg rückten, befahl Ernst Kaltenbrunner, Chef des Reichssicherheitshauptamtes, die Ermordung der etwa 10.000 verbliebenen KZ-Häftlinge durch eine Bombardierung der einzelnen Lager des KZ-Außenlagerkomplexes Landsberg/Kaufering.

Mit Evakuierung der Lager im April 1945 durch die SS-Wachmannschaften wurden die KZ-Häftlinge auf Todesmärsche geschickt. Quelle: Stadtarchiv Landsberg am Lech

Verhindert wurde die Ausführung dieses Befehls nach eigener Aussage durch Bertus Gerdes, den Gaustabsamtsleiter von Oberbayern. In einer späteren Vernehmung gab er an, die „Aktion Wolke A1“ durch vorgeschobene Begründungen erfolgreich verzögert zu haben.

Zeitzeuge Max Volpert über seine Zeit im KZ-Außenlagerkomplex Landsberg/Kaufering. Quelle: KZ-Gedenkstätte Dachau

Ernst Kaltenbrunner befahl die Räumung der KZ-Außenlager in Richtung des KZ Dachau, wo die jüdischen Häftlinge vergiftet werden sollten. Am 23. und 24. April 1945 begann die SS mehrere tausend Gefangene zu Fuß und ohne ausreichende Verpflegung auf Todesmärsche zum Konzentrationslager Dachau zu treiben. Hunderte marschunfähige KZ-Häftlinge wurden zudem mit Zügen in Richtung des Stammlagers geschickt. Viele Gefangene überlebten die tagelangen Todesmärsche nicht: Sie starben an Hunger und Entkräftung oder wurden von der SS ermordet.

Der Lagerkommandant sagt auf dem Appellplatz zu uns: „Ihr werdet zur Schweizer Grenze gebracht und gegen deutsche Kriegsgefangene ausgetauscht.“ Es ist der 24. April 1945. Die Amerikaner sind nicht mehr fern. Das wissen oder ahnen wir zumindest. Den Worten des Mörders glauben wir nicht. Aber warum sollen wir das Lager verlassen, wohin werden sie uns bringen?

– Abba Naor über die letzten Tage im Lager

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Auf dieser heimlich aufgenommenen Fotografie von Johann Mutter sieht man einen der Todesmärsche von KZ-Häftlingen auf der Neuen Bergstraße in Richtung des KZ-Dachau. Quelle: Stadtarchiv Landsberg am Lech

Als die US-amerikanischen Truppen den Raum Landsberg am 27. April 1945 erreichten, trafen sie vor Ort nur noch auf wenige hundert kranke oder geflohene KZ-Häftlinge. Die Überlebenden der Todesmärsche wurden am 29. April im KZ Dachau oder auf weiteren Märschen in Richtung Süden befreit.

Ein wunderschöner Tag brach an, als wir das Lager verließen. Eine neue SS-Truppe begleitete uns. Anfangs versuchten sie noch, uns in Schach zu halten, doch weder Flüche noch Tritte konnten die verhungernden Häftlinge in Reih und Glied zwingen. Schon bald hatten wir uns in einen ungeordneten Haufen verwandelt, der langsam auf München zustolperte, und die SS gab es auf, uns in Form zu bringen.

– Solly Ganor über die Räumung des Lagers

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