Die Befreier
Am 27. April 1944 erreichten Einheiten der US-amerikanischen 103rd Infantry Division sowie der 10th und 12th Armored Division auf zwei verschiedenen Routen die Stadt Landsberg. Auf ihren Wegen entdeckten und befreiten sie mehrere Lager des KZ-Außenlagerkomplexes Landsberg/Kaufering. In den Lagern und deren Umgebung stießen die Soldaten auf vereinzelte Überlebende. Sie waren entsetzt von dem, was sie hier sahen:
Ich habe heute die volle Bestialität eines der Nazihorror-Konzentrationslager gesehen. Ich sah mit eigenen Augen den gottlosen Anblick. Debbie, ich hoffe, dass du nie sehen wirst, was mich mein Leben lang verfolgen wird.
– Albert H. Gaynes über die Befreiung
Vor dem Eintreffen der US-Soldaten war die Mehrheit der Gefangenen in Richtung des KZ Dachau evakuiert worden. Am 29. April 1945 erreichten die US-amerikanische 42. und 45. Infantry Division das Stammlager und befreiten etwa 32.000 KZ-Häftlinge. Unter den Befreiten befanden sich auch ehemalige Gefangene des KZ-Außenlagerkomplexes Landsberg/Kaufering. Mehrere tausend Gefangenen waren jedoch bereits zuvor auf weiteren Todesmärschen in Richtung Süden getrieben worden. Eine unbekannte Anzahl von KZ-Häftlingen überlebte die Todesmärsche nicht: Sie starben an Hunger und Entkräftung oder wurden von der SS ermordet.
In den nächsten Tagen entdeckten verschiedene US-amerikanische Einheiten in ganz Oberbayern KZ-Häftlinge auf diesen Todesmärschen. In Waakirchen befreite das 522nd Field Artillery Battalion, eine Sondereinheit aus japanisch-stämmigen US-Soldaten, einen dieser Todesmärsche. Unter den Befreiten befand sich der damals 16-jährige Solly Ganor, der zuvor aus dem KZ-Außenlager Kaufering X bei Utting evakuiert worden war:
Ich schloss die Augen und wartete darauf, dass eine Kugel all mein Leiden ein Ende bereitete. Dann hörte ich jemanden englisch sprechen. Als ich die Augen wieder öffnete, kamen vier Männer in Khaki-Uniformen auf mich zu. Sie sahen unrasiert und müde aus. Ich war verblüfft, wie orientalisch ihre Gesichter waren. (…) Ich glotzte sie an, unfähig, die Situation zu begreifen. Waren es Japaner?
– Solly Ganor über den Anblick der Befreier